Possenspiel mit Weißbier

Nach dem Trainerjob von Klaus Augenthaler übernimmt Wolfgang Wolf beim 1. FC Nürnberg jetzt auch das Sportdirektoren-Amt von Edgar Geenen. Präsident Roth arbeitet derweil Vergangenheit auf

aus Nürnberg KATHRIN ZEILMANN

Eigentlich ist das Weißbier schuld, dass jetzt beim 1. FC Nürnberg, dem stark abstiegsbedrohten Bundesligisten aus Franken, Chaos herrscht. Besser gesagt: Es herrscht wieder einmal wildes Durcheinander beim „Club“. Ruhig und beschaulich konnte es eben am Valznerweiher, der Trainingsstätte des Vereins nahe einem idyllischen Naherholungsgebiet in Nürnberg, nicht werden. War es ja auch nie. Der Präsident Michael A. Roth hat in seiner seit 1994 währenden Amtszeit mittlerweile zwölf Trainer entlassen, in der Bundesliga ist das Rekord. Jetzt war der Sportdirektor dran. Am Montagabend verkündete Teppichhändler Roth die Beurlaubung Edgar Geenens.

Die Posse dieser Saison wird derzeit in den Blättern eifrig diskutiert: Hat etwa Klaus Augenthaler, bis vorige Woche noch Trainer des FCN, durch übermäßigen Weißbier-Genuss die Misere verschuldet? „Auge“ habe dem Gerstensaft zu sehr zugesprochen, deshalb manch eine Mannschaftssitzung versäumt und stattdessen nächtelang gezecht, heißt es. Der Weltmeister von 1990 hat jetzt einen Anwalt eingeschaltet, denn: „Das ist Rufmord“, knurrt er.

Musste Geenen gehen, weil er seinem Freund und Vertrauten Augenthaler immer das Weißbier geordert hat? Mitnichten. „Wenn der Erfolg nicht da ist, muss man handeln. Hier geht es um viel Geld, hier geht es um die Existenz des Vereins“, sagt Roth. Die Einkaufspolitik des Managers sei falsch gewesen, auch mit wenig Geld könne man leistungsstarke Spieler verpflichten oder halten, „das hat etwa der VfB Stuttgart bewiesen“, erklärt er. Und findet sich angesichts der fünf Punkte, die den „Club“ drei Spieltage vor Saisonende von einem Nichtabstiegsplatz trennen, mit der drohenden Zweitklassigkeit schon ab: „Wir stehen hoffnungslos hinten drin.“

Mit dem Thema Augenthaler hat Roth, auch wenn mittlerweile Wolfgang Wolf als Trainer bei der 1:2-Niederlage gegen 1860 München einen verpatzten Einstand hatte, noch nicht abgeschlossen. Was da aber genau war zwischen der Mannschaft, die am Schluss nur noch auf dem Platz umherstolperte und dem Gegner fast furchtsam zum Tore schießen Platz machte, und dem Trainer, der das Team nach Niederlagen immer öfter harsch kritisierte, sagt auch Roth nicht. „Da würde ja dann schmutzige Wäsche gewaschen. Und das will ich nicht.“ Und überhaupt sei er dem „Glaus Augendaaler“ immer noch „freundschaftlich verbunden“. Dazu lächelt Roth, wie immer sind die Wangen leicht gerötet, wie immer blickt er mit großen Augen durch seine Brille.

Und weiter mit der Geschichte, wie das mit dem scheinbar von den Fans treu geliebten Augenthaler wirklich war. Die Fanbekundungen damals im März, als eigentlich schon klar war, dass der Trainer gehen musste, seien von einem einzigen Block initiiert worden, keinesfalls habe die ganze Anhängerschaft hinter dem Coach gestanden, berichtet Roth nun. „Die Fans, die für Augenthaler geschrieen haben, haben dem Verein einen Bärendienst erwiesen.“ Schließlich hätte man mit einem neuen Trainer das Ruder noch herumreißen können. Er habe sich aber dem Fan-Votum gebeugt und verkündet: „Wir gehen mit Klaus Augenthaler auch in die zweite Liga, wenn es sein muss.“ Hier kommt wieder das Weißbier zurück ins Possenspiel. Denn Augenthaler-Freunde, so verlautet es nun, seien mit Bierkästen und Brotzeiten im Kofferraum zu den Fanclubs im Frankenland gefahren und hätten sie mit diesen Genussmitteln für die lautstarken Sympathiebekundungen geködert.

Wenn diese jetzige, ungemütliche Zeit in der ersten Liga erst einmal vorbei sei und man sich in der Zweitklassigkeit eingerichtet habe, um erneut wieder aufzusteigen, werde aber alles besser werden, glaubt Roth. Mit Neutrainer Wolfgang Wolf, der zunächst auch die Funktion des Managers übernehmen wird, wolle man „etwas aufbauen. Wir wollen junge Spieler, wir wollen mehr auf den eigenen Nachwuchs setzen.“ Mit Bedenken wird der Präsident vielleicht die Fernsehbilder von Wolf gesehen haben, wie der sich gleich zu Beginn seiner Tage in Nürnberg ein Weißbier einschenkte.